Mit dem autonomen Auto zur Arbeit
… würden die Strassen freier, wenn, ja, wenn … das autonome Auto schon autonom wäre. Ist es aber nicht!
Vor einigen Wochen wurde stolz vermeldet, dass der erste autonome Bus auf Sylt im öffentlichen Nahverkehr in Betrieb gegangen sei. Dieses hervorragende Stück französischer Ingenieurskunst kann 10 Passagiere in Keitum auf Sylt über eine Strecke von 7 Haltestellen befördern und tut dies im Halbstunden-Takt zwischen 10:00 und 16:00 von Dienstag bis Samstag.
So kann der Operator, der statt eines Fahrers im Fahrzeug mitfährt, am Sonntag und Montag das Wochenende nachholen und sich von der Wahnsinnsgeschwindigkeit von 18 km/h erholen, mit der dieser Bus 2 km/h schneller ist als der Patent-Motorwagen von Carl Benz vor gut 133 Jahren. Über die Kosten, die für den Bau des Patent-Motorwagens aufgewendet wurden, konnte ich leider nichts in Erfahrung bringen. Der autonome Bus auf Sylt jedenfalls soll laut dem angesprochenen Bericht etwa 300.000,- € gekostet haben. Sicher nicht nur für das Fahrzeug alleine sondern auch für den Einsatz der Wissenschaftler der Uni Kiel, die einige Terabytes an Daten für die kurze Fahrtstrecke in Keitum auf Testfahrten zusammentrugen.
Dazu kommt, dass der Bus in der Mittagspause seine Batterien aufgeladen bekommt, was den Operator in die Lage versetzt, in dieser Zeit lecker Grünkohl oder eine Seezunge zu essen, damit er gestärkt in die Nachmittagsschicht gehen kann.
Sorry, dass ich so ironisch über diesen neuen Bus schreibe (Die Infos stammen aus Wikipedia und von Mercedes Benz bezüglich des Patent-Motorwagens und vom NDR (Bericht) und der Sylter Verkehrsgesellschaft (Fahrplan) zum autonomen Bus.), aber wenn ich die vollmundigen Berichte zu autonomen Fahrzeugen weltweit oder dem „halbautonomen“ („halbautonom“ weil der Fahrer ja aufpassen muss, dass er sich nicht dummerweise unter einen querstehenden Tanklaster gequetscht wiederfindet) Modus der Tesla-Fahrzeuge lese oder höre, dann sollten es doch ein Klacks sein, dass morgen fast alle autonom fahren können. Und mittlerweile bauen ja sogar deutsche Premiumhersteller elektrisch angetriebene Autos. Und die englische Automanufaktur, die ich im Vorwort erwähnte, hat sowohl für ihre 4-rädrigen wie auch 3-rädrigen Fahrzeuge erste Versuche unternommen, diese elektrisch anzutreiben. Also auch dort versucht man, dem Trend zu folgen. Dem Trend, dass ‚elektrisch‘ die Lösung aller unserer Probleme sei: elektrisch = sauber. Denn bei uns kommt der Strom ja aus der Steckdose.
Die Richtung aber – elektrischer Antrieb und autonomes Fahren – stimmt. (Zumindest theoretisch, dazu aber später sicher noch mehr.)
Nur ist es bis dahin noch ein weiter Weg. Und während dieser Zeit sollten wir nicht die Hände in den Schoss legen, wie es ja zur Zeit Usus ist: Der Verkehrsminister hält eine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h auf Autobahnen für mit seinem „gesunden“ Menschenverstand nicht vereinbar, andere sagen, faktisch hätten wir die 130 ja schon, entweder durch tatsächliche Geschwindigkeitsbegrenzungen oder durch Staus. Und andere in der Politik auftretende (Schau-)Spieler *innen verarschen die momentan demonstrierenden (und hoffentlich in ihrem Eifer nicht nachlassenden) Friday for Future-Aktivist*innen durch „Lasst mal lieber die Profis ran“-Sprüche oder mit der Aufforderung, doch jetzt, nachdem alle Bescheid wüssten, mal wieder brav in die Schule zu gehen.
Ich hingegen – ja doch, ich bin NICHT so aktiv – freue mich, dass die Jugendlichen diesen Elan haben. Sie haben mehr zu verlieren als nur ein paar vergeigte Klausur-/Jahresnoten. Wir alten Säcke haben die Gewissheit, dass uns die Erde noch die paar Jahre ernähren wird, die wir hier unser Unwesen treiben. Und nach uns die Sintflut? Ist es das, was wir den jungen Leuten zumuten wollen? Um ihnen dann noch ein schlechtes Gewissen zu machen, indem wir ihnen vorwerfen, sie würden Wesentliches am Freitag Vormittag in der Schule verpassen.
Irrsinn!
Wie also wollen wir die globale Erwärmung aufhalten, die immer weiter um sich greifende Verarmung, den überall stattfindenden Verkehrskollaps verhindern? Indem wir irgendwo anfangen. Und der Politik Beine machen, ihre WAHREN Aufgaben wahrzunehmen. Nicht die Industrie ist „Auftraggeber“ der Politiker sondern „das Volk“. Die BRD hat etwa 62 Millionen Wähler, die bei der Bundestagswahl ihre Stimmen abgeben könnten (auch, wenn viele ihr Wahlrecht nicht wahrnehmen), wie viel Prozent davon sind denn diejenigen, die von der derzeitigen Lobby-getriebenen Politik profitieren? OK, darum kümmern wir uns dann noch später. Nicht heute.
Heute denken wir uns mal aus, wie wir – relativ – einfach die Anzahl von Autos in unseren Städten und ganz allgemein auf unseren Strassen reduzieren. Anfangen tun wir mit den PKW. Die LKW folgen dann später, da gibt es spannenden Ideen, (nicht) nur auf Hundespaziergängen entwickelt.
Also PKW. Weniger PKW in den Städten oder stadtnahen Bereichen (Ich stelle übrigens gerade fest, wie viele „b“ und „B“ in meinen Texten vorkommen, denn vor ein paar Tagen hat sich auf meiner Notebook-Tastatur die Tastenkappe des „B“ verabschiedet, ich muss also den „Knubbel“ des Tastenkörpers drücken. Naja, geht aber.). Wie kriegen wir das hin?
Indem wir den ÖPNV drastisch verbessern! Mehr Busse. Busse, die zentrale Punkte anfahren, wie lokale Bahnhöfe (Mehr Bahnen! Und mehr Schienen! Wart’s ab, wird noch besprochen.) und Busbahnhöfe. Und das nicht nur alle ein, zwei Stunden sondern alle 10, 20 bis maximal 30 Minuten. Klar ist, dass dann auch weniger Passagiere in jedem dieser Bussen sitzen werden und dass ein Bus, der 50, 60 Plätze bietet, dann nicht mehr ökonomisch und schon gar nicht ökologisch ist. Der Spareffekt wendet sich in sein Gegenteil. In diesen Fällen lassen wir mehr Kleinbusse (bis 8 Passagiere) fahren. Die verbrauchen nicht so viel Sprit wie der grosse Bus und auch der Flächenbedarf ist deutlich geringer. Nur die Anzahl der Busfahrer steigt drastisch. Und wer soll die bezahlen? Der Staat, also der Steuerzahler. Und warum sollte, trotz des verbesserten ÖPNV, Herr Müller von nebenan oder warum sollte gerade ich mein Auto stehen lassen? Weil es entsprechende Gesetze gibt! Wir WISSEN, dass 40 Millionen (Anzahl steigend) Autos in Deutschland auf den Strassen nicht mehr sinnvoll fahren können. Das Resultat: der fliessende Verkehr wird zum ruhenden Verkehr (= Stau) und wir fahren herum und herum (zumindest in den Innenstädten), um einen Parkplatz zu finden (ruhender Verkehr = fliessender Verkehr). Die Lösung: Reduktion des fliessenden Verkehrs durch (staatliche, was die FDP nicht freuen wird,) Steuerung.
Der ÖPNV wird successive ausgebaut. So schnell wie möglich werden dabei auch die Busse mit Elektroantrieb (Batterie und/oder Brennstoffzelle oder Oberleitung) in Betrieb genommen. Übergangsweise werden Kleinbusse mit insgesamt 9 Sitzplätzen, 1 Fahrer, 8 Passagiere, eingesetzt, die von jedem gefahren werden dürfen, der einen PKW-Führerschein und einen „kleinen P-Schein“ hat. Damit entfällt die aufwendige Ausbildung oder kann zumindest in die nahe Zukunft verlagert werden.
Dort, wo früher der Schienenbus (schau doch mal bei Wikipedia, was ein Schienenbus ist) fuhr, ist heute längst Gras über die Sache gewachsen. Die „Sache“ war früher mal eine Schiene. Schiene ist wohl unmodern geworden, denn die Schienen wurden Stück für Stück demontiert, Busse ersetzten den unattraktiv gewordenen schienengebundenen Verkehr.
Versteh‘ mich nicht falsch, ich möchte nicht, dass an jeder Milchkanne eine S-Bahn oder Regionalexpress anhält. Mindeststrecken sollten gewährleistet sein, sonst lohnt sich das Losfahren nicht. Statt aber Busse über eine Strecke von etwa 35 Kilometern (Dauer, wenn alles gut geht, laut Fahrplan etwa 75 Minuten – Bus 250 im VRS-Tarifbereich) zu schicken, wäre doch jeweils eine kurze Busfahrt zum nächsten Bahnhof, dann eine durch Staus unbeeinflusste Fahrt mit der Schnellbahn und zum Schluss wieder eine kurze Busfahrt eine vernünftige Alternative: Der Bus, der wahrscheinlich noch einen Verbrennungsmotor hat (Emissionen!), fährt nur kurze Strecken, sammelt die Passagiere ein und fährt sie zum nächstgelegenen Bahnhof. Die Bahn, die geringere Emissionen als ein Bus hat, fährt den grösseren Teil der Strecke. Ergebnis: Weniger Emissionen auf der Gesamtstrecke, grössere Zufriedenheit der Fahrgäste durch pünktliche Ankunft, grössere Abdeckung durch mehrere Busse, die als Zubringer dienen.
Durch sofortige Wiederherstellung und/oder Reaktivierung alter Bahnstrecken, auch, wenn das sicher 20 Jahre oder mehr dauert, wird sichergestellt, dass mehr langsame Busstrecken durch den schnelleren Schienenverkehr ersetzt werden können. Parallel dazu sollten auch Fernstrecken neu gebaut werden, und – sehr wichtig! – dedizierte Güterstrecken.
Zurück zu den Autos.
Jeder, der ein KFZ, für das er Steuern bezahlt, sein eigen nennt, bekommt eine bestimmte Anzahl von Tagen pro Jahr genehmigt, an denen er sein Auto fahren darf. Der eine möchte seine Luxuskarosse gerne beim Opernbesuch und -ball vorführen, wofür er den Wagen 27 Mal im Jahr benötigt. Die Profis (siehe oben) haben für seinen Wagen ausgerechnet, dass – aufgrund der Verbrauchs- und Schadstoffwerte – für diesen Wagen 50 Fahrten im Jahr genehmigt werden können (Stand Juni 2022). Der Eigentümer kann also im Jahr 2022, beziehungsweise nach Erhalt seiner 50 Gutscheine im Juni 2022, neben den 27 Opernfahrten noch weitere 23 Fahrten mit dem tollen Auto unternehmen. Dazu nimmt er in der Gutschein-App (die natürlich von Profis programmiert wurde) die entsprechenden Einträge vor und kann danach gleich losfahren. Die App kommuniziert dazu mit dem Fahrzeug, das hierdurch für 24 Stunden freigschaltet wird (für Liebhaber der 24 Stunden von Le Mans ist das sicher optimal!). Nach Ablauf dieser Zeit bleibt das Fahrzeug natürlich nicht einfach stehen, sondern der nächste Tag wird in der App freigeschaltet, auch, wenn dadurch die Gesamtanzahl Null Tage unterschreitet. In diesem Fall werden allerdings jeweils zwei Tage vom nächsten Jahresbudget pro verstrichenem Tag abgezogen. Schade, aber Strafe muss sein. Auch alle? Das übernächste Jahresbudget wird verwendet: 3 Tage für einen Tag. Der begeisterte Opernbesucher stirbt? Überhaupt kein Problem. Sein Auto sowie sein Jahresbudget werden vererbt. Bei negativem Jahresbudget fällt da die Wahl: „Ausschlagen des Erbes oder Erbe antreten“ nicht leicht. Jeder möge dann selbst entscheiden. Denn die Tage werden dem eigenen Budget zugeschlagen (oder eben abgezogen!).
Jetzt höre ich euch klagen: „Wie denn, ich darf nur noch 50 Tage pro Jahr mit meinem Auto fahren? OK, dann kaufe ich mir weitere 6 Autos und einen Roller. Jedes der Autos bekommt auch 50 Tage gutgeschrieben und den Roller nehme ich, wenn schönes Wetter ist. So komme ich auf 7 x 50 Tage= 350 Tage und die restlichen 15 Tage überbrücke ich mit dem Roller.“ Und ich antworte euch dann: „Schade, die Rechnung geht nicht auf. Du bekommst 50 Tage, wenn du ein Auto auf deinen Namen angemeldet hast. Und bekommst ebenfalls 50 Tage, wenn du 8 Autos auf deinen Namen angemeldet hast. Aber sei sicher, diese 50 Tage (die übrigens ja nur eine von hypothetischen Profis ausgerechnete hypothetische Annahme für das Jahr 2022 sind) reduzieren sich von Jahr zu Jahr. Denn sie sollen ja nur so etwas sein wie ‚Vertrauensschutz‘, damit dein Automobil/deine Automobile nicht von heute auf morgen nur noch Immobilien sind. Dieser Vertrauensschutz alerdings läuft irgendwann aus. Du kannst dann zwar noch Autos kaufen, alte Autos (neue Autos für Privatleute werden nicht mehr produziert) für dein privates Museum, aber du wirst sie leider nicht mehr fahren dürfen. Weder auf öffentlichen Strassen noch auf privaten Rennstrecken. Denn sie benötigen, auch, wenn sie elektrisch angetrieben werden, Energie. Und die benötigen die Menschen für dringendere Aufgaben, als einen Hintern von A nach B zu befördern…
Übrigens. Diejenigen, die eben auch anfangen wollten zu maulen: „Watt’n, die dürfen immer noch mit ihrer Dreckschleuder rumgurken?“, sollten gemerkt haben, dass es irgendwann – Profis sei Dank für die Berechnung des Datums – keine ausschliesslich privat genutzten Fahrzeuge mehr geben wird, ausgenommen vielleicht die Queen, wenn sie anlässlich ihres 143. Geburtstag durch London gekarrt wird (Oder sitzt sie vielleicht in einer durch Pferde gezogenen Kutsche?). Auch Ölmulti Muff del Aber fährt, wenn er privat unterwegs ist Tretroller oder Fahrrad. Nix SUV, nix Panzer… Und ganz bestimmt nix Lear Jet.
Und damit kommen wir zum nächsten Kapitel, in dem wir uns über das Fliegen unterhalten.